Vitamin D ist einer der wenigen Nährstoffe, die wir nicht in ausreichender Menge mit der Nahrung aufnehmen können. Unser Körper ist darauf ausgelegt, Vitamin D aus Sonnenlicht zu bilden, doch das moderne Leben hat dies erschwert. Das Ergebnis ist ein weltweiter Vitamin-D-Mangel von 50 Prozent, selbst in sonnigen Gegenden. 
Jüngste Studien deuten darauf hin, dass eine ungenügende Zufuhr von Vitamin D die Anfälligkeit für Multiple Sklerose (MS), Typ-1-Diabetes, Hashimoto Thyreoiditis  und rheumatoide Arthritis erhöhen kann. Bekannt war bislang, dass Vitamin-D-Mangel für eine rachitisch bedingte Beckenverengung und erhöhte perinatale Mortalität (Säuglingssterblichkeit) mitverantwortlich sein kann. Dabei ist der Mangel an sich leicht zu beheben, und zwar indem der Mensch auf genügend Sonnenlicht achtet oder viel Fettfisch isst.

Ein Vitamin-D-Mangel wird demnach mit vielen Autoimmunerkrankungen in Verbindung gebracht, bei denen es aufgrund genetischer, epigenetischer, hormoneller und umweltbedingter Faktoren häufig erhebliche Unterschiede zwischen Frauen und Männern gibt. Eine Reihe von Studien hat kürzlich gezeigt, dass es eine Wechselwirkung zwischen Vitamin D und dem Sexualhormon Östrogen gibt. Östrogenvermittelte Effekte auf die Immunantwort können je nach Hormonkonzentration ein Th1- oder ein Th2-Profil begünstigen. Somit scheinen östrogenvermittelte Wirkungen auf die Autoimmunität je nach Konzentration, aber auch je nach den pathogenen Mechanismen, die den verschiedenen Autoimmunkrankheiten zugrunde liegen (d. h. Th1- oder Th2-vermittelte Krankheiten), unterschiedlich zu sein. Insbesondere wurde nachgewiesen, dass Östrogen die Funktion von Vitamin D verbessert, indem es dessen Akkumulation begünstigt und die Expression des Vitamin-D-Rezeptors erhöht, was bei Frauen zu einer stärkeren entzündungshemmenden Reaktion führt als bei Männern.  Andererseits hat sich gezeigt, dass Vitamin D in Immunzellen die Expression von Aromatase, die Testosteron in Östrogen umwandelt, herunterreguliert, was zu einem Rückgang des Östrogenspiegels führt. Insgesamt lassen die vorliegenden Daten die Hypothese zu, dass die Schutzwirkung von Vitamin-D-basierten Therapieansätzen bei Frauen, zumindest im fruchtbaren Alter, höher ist als bei Männern.

Warum bekommen wir nicht genug von dem Sonnenvitamin?

Zwar enthalten einige Lebensmittel Vitamin D, aber unsere Hauptquelle sollte die Sonneneinstrahlung sein, und wir synthetisieren es mit Hilfe von Cholesterin.

Bestimmte Faktoren stehen dem jedoch im Wege:

  • Geringere Sonneneinstrahlung: Wir verbringen viel weniger Stunden im Freien als unsere Vorfahren und tragen Sonnenschutzmittel auf, wenn wir draußen sind. Menschen mit dunkler Haut oder Menschen, die weiter nördlich leben, haben sogar noch weniger Möglichkeiten, Vitamin D aus Sonnenlicht zu bilden.
  • Eingeschränkte Ernährung: Die meisten Menschen essen nicht die Lebensmittel, die mehr Vitamin D enthalten, wie z. B. Organfleisch, Lachs und Fischleberöl sowie Eigelb. Zwei mit Vitamin D angereicherte Lebensmittel – Milchprodukte (ein häufiges immunreaktives Lebensmittel) und Frühstückszerealien (Gluten und Getreide). Sowohl Milchprodukte als auch Gluten sind für viele Menschen mit Hashimoto-Hypothyreose ebenfalls problematisch.
  • Darmentzündung und Fettmalabsorption: Vitamin D ist fettlöslich. Wenn der Darm aufgrund von Leaky Gut und anderen entzündlichen Darmerkrankungen entzündet ist, ist die Fettabsorption beeinträchtigt und der Vitamin-D-Spiegel sinkt.
  • Stress. Ein hoher Cortisolspiegel durch chronischen Stress kann den Vitamin-D-Spiegel senken.

Zu den Symptomen eines Vitamin-D-Mangels können gehören

  • Müdigkeit
  • Schwäche
  • Depressionen
  • Schmerzen in Muskeln, Gelenken und Knochen
  • Zahnfleischerkrankung
  • Brüchige oder weiche Knochen
  • Verdauungsprobleme
  • Asthma
  • Unterdrücktes Immunsystem

Was Vitamin D für Sie tut

Vitamin D ist eigentlich ein Hormon und gehört zusammen mit dem Schilddrüsenhormon zu den beiden Hormonen, die jede Zelle in Ihrem Körper braucht. Es reguliert Hunderte von verschiedenen Stoffwechselwegen im gesamten Körper.

  • Knochendichte: Es ist seit langem bekannt, dass Vitamin D eine Rolle dabei spielt, den Abbau von Knochen zu verhindern und die Festigkeit des Skelettsystems zu erhöhen.
  • Stimmungsregulierung: Ein Mangel an Vitamin D wird mit einem 14-prozentigen Anstieg von Depressionen und einem 50-prozentigen Anstieg der Selbstmordrate in Verbindung gebracht. Eine höhere Vitamin-D-Zufuhr kann zur Verbesserung von Angstzuständen und Depressionen beitragen.
  • Gesundheit des Gehirns: Die biologisch aktive Form von Vitamin D hat neuroprotektive Wirkungen gezeigt, einschließlich der Beseitigung von Amyloid-Plaques, die bei der Alzheimer-Krankheit auftreten. Es wurden auch Zusammenhänge zwischen einem niedrigen 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel und Demenz festgestellt.
  • Geringeres Krebsrisiko: Ein optimaler Vitamin-D-Spiegel wird mit einem geringeren Risiko für Brust-, Eierstock-, Prostata- und Bauchspeicheldrüsenkrebs in Verbindung gebracht.
  • Schlafqualität: Ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel wird mit einem besseren Schlaf in Verbindung gebracht.
  • Regulierung des Immunsystems: Vitamin D spielt eine Schlüsselrolle bei der Förderung regulatorischer T-Zellen, die entscheiden, ob sie Entzündungen im Körper dämpfen oder fördern. Dies ist besonders wichtig, um Autoimmunität wie die Hashimoto-Hypothyreose zu dämpfen, bei der das Immunsystem Körpergewebe angreift.

Studien zeigen, dass mehr als 90 Prozent der Menschen mit Autoimmunität einen Gendefekt haben, der einen Vitamin-D-Mangel begünstigt.

Niedrige Vitamin-D-Spiegel werden mit Autoimmunkrankheiten wie Hashimoto, Schilddrüsenunterfunktion, Multipler Sklerose, Typ-1-Diabetes, entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoider Arthritis und sogar der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht.

Ein gemeinsamer Nenner bei allen chronischen Krankheiten ist, dass Entzündungen durch einen angemessenen Vitamin-D-Spiegel nachweislich reduziert werden.

Möglichkeiten zur Steigerung von Vitamin D

  • Sonnenschein: Lassen Sie Ihre Haut täglich 20 bis 60 Minuten in der Sonne bräunen, je nach Hautfarbe und Breitengrad. Je mehr Haut Sie der Sonne aussetzen, desto mehr D bilden Sie.
  • Nahrungsquellen: Nehmen Sie Lachs, Makrele, Thunfisch, Sardinen und Eigelb in Ihre Ernährung auf.
  • Nahrungsergänzung: Vitamin D gibt es in zwei Formen, D2 und D3. Während Vitamin D2 häufig auf den gängigen Vitaminetiketten zu finden ist, ist Vitamin D3 doppelt so wirksam bei der Erhöhung des Vitamin-D-Spiegels im Körper.

Hinweise zur Vitamin D3-Einnahme:

Die derzeitigen Richtlinien für die Dosierung von Vitamin D beruhen ausschließlich auf der Erhaltung einer angemessenen Knochendichte und nicht auf der Vorbeugung chronischer Gesundheitszustände.

Da Vitamin D fettlöslich ist, wird empfohlen, es in einer Weichgelkapsel auf Ölbasis oder in flüssiger Form mit einer fetthaltigen Mahlzeit einzunehmen.

Zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen kann die Vitamin-D-Dosis zwischen 5.000 und 10.000 IE pro Tag liegen. Manche Menschen nehmen höhere Dosen ein, wenn ihre Genetik die Aufnahme behindert. 

Tipp: Am besten testen Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel alle drei bis sechs Monate.

Emulgiertes Vitamin D

Emulgiertes Vitamin D3 (Cholecalciferol) verbessert die Absorption und hilft, bei höheren Dosen Toxizität zu vermeiden.

  • Unterstützung des Fettstoffwechsels mit Verdauungsenzymen

Wenn Sie einen undichten Darm (Leaky Gut Syndrom), Zöliakie oder eine Glutensensitivität haben oder Ihnen die Gallenblase entfernt wurde, kann Ihre Fähigkeit, Fett zu absorbieren, beeinträchtigt sein. Da Vitamin D fettlöslich ist, sollten Sie sicherstellen, dass Ihr Körper es aufnehmen kann, indem Sie Verdauungsenzyme zu Ihrer täglichen Kur hinzufügen.

Warum Vitamin D manchmal nicht wirkt

Im April 2021 berichteten Wissenschaftler rund um Präventionsmediziner Prof. Dr. Jörg Spitz interessante Sachverhalte zur Vitamin-D-Resistenz. Zuvor hatte man häufig bei Test-Probanden beobachtet, dass die Einnahme üblicher Vitamin-D-Mengen bei Autoimmunerkrankungen häufig wirkungslos blieb. Prof. Spitz geht davon aus, dass eine Vitamin D-Resistenz sogar eine Ursache von Autoimmunerkrankungen sein könnte.

Durch eine Vitamin-D-Resistenz reagieren die Zellen nur noch sehr gering auf Vitamin D. Die Wissenschaftler vermuten hier eine Blockade des sog. Vitamin-D-Rezeptor-Signalweges. Wiederum Infektionskrankheiten könnten als Ursache für diese Blockade gelten. Vitamin-D-Rezeptoren liegen im Innern der Zellen. Wenn Vitamin D an einen Rezeptor bindet, kann dieser bestimmte Gene in den Zellen aktivieren oder deaktivieren, um auf diese Weise die typischen Vitamin-D-Wirkungen auszulösen, was bei einer Resistenz aber nun ausbleibt.

Nach neuesten Erkenntnissen soll eine Vitamin-D-Hochdosis-Therapie eine Vitamin-D-Resistenz umkehrbar machen. Für die Schulmedizin gilt die erworbene Vitamin-D-Resistenz (die nicht angeboren ist, sondern sich erst im Laufe des Lebens einstellt) als Hypothese. Prof. Spitz verfügt jedoch über vielversprechende Erfahrungen im Bereich der Multiplen Sklerose, was sich großer Aufmerksamkeit erfreuen sollte. 

Prof. Spitz bedient sich dazu dem sog. Coimbra-Protokoll. Dabei handelt es sich um ein spezielles Vitamin-D-Einnahme-Schema, welches vom brasilianischen Neurologen Cicero G. Coimbra entwickelt wurde. Das Coimbra-Protokoll sieht für unterschiedliche Autoimmunerkrankungen auch unterschiedliche Vitamin-D-Dosierungen vor. 

Hinweis: Nachstehende Informationen dienen nur einer ersten Übersicht. Besprechen Sie die für Sie passende Vorgehensweise immer mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker.

Möchten Sie als Autoimmunbetroffene/r Ihre Erkrankung behandeln, empfehlen wir Ihnen zunächst Ihren Vitamin-D-Spiegel überprüfen zu lassen. Bei einem Vitamin D-Mangel sollte entsprechend supplementiert, also aufgefüllt werden. 

Wichtig: Sollten die üblichen Dosen Ihren Vitamin-D-Spiegel nicht erhöhen können, dann halten Sie bitte Rücksprache mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker, der das Coimbra-Protokoll anwendet.

Wichtig ist bei der Hochdosistherapie in jedem Fall, dass man vom Arzt engmaschig kontrolliert wird, um möglichen Nebenwirkungen (z. B. einer Hyperkalzämie) vorzubeugen. Bei einer Hyperkalzämie wird durch das Vitamin D zu viel Calcium aus dem Darm in den Blutkreislauf aufgenommen. Daher muss regelmäßig der Calciumspiegel im Blut (Serum) und Urin überprüft werden. Natürlich sollte der Patient auch auf die typischen Symptome einer Hyperkalzämie (zu hohe Calciumwerte) achten. 

Dazu gehören:

  • häufiges Wasserlassen bei viel Durst, 
  • ungewöhnliche Müdigkeit oder auch 
  • Verstopfung. 

Eine calciumarme Ernährung ist beim Coimbra-Protokoll wichtig, um einen Calciumüberschuss zu vermeiden.

Lassen Sie sich von unseren Experten beraten, um herauszufinden, ob Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel erhöhen müssen, um Ihre Hashimoto-Hypothyreose oder eine andere Autoimmunerkrankung besser in den Griff zu bekommen.

Canva © Helin Loik-Tomson

https://bsd.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13293-021-00358-3

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6047889/

www.spitzen-praevention.com/2018/10/24/hohe-dosen-neue-chancen-die-behandlung-von-autoimmunerkrankungen-mit-vitamin-d-coimbra-protokoll/

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/krankheiten/autoimmunerkrankungen-uebersicht/weitere-autoimmunerkrankungen/autoimmunerkrankungen-vitamin-d

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